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Mal was ziemlich Altes gegen Großstadtheimweh.

Diesen Text habe ich vorhin mal wieder ausgegraben, als ich nach Schmierpapier gesucht habe. Seine Rückseite zieren jetzt Notizen für eine Hausarbeit über das Gedicht „Inventur“ von Günter Eich. Und trotzdem ist der Text irgendwie hilfreich gegen das akute Großstadtheimweh, das ich gerade verspüre.

Ein Spaziergang (2009)

Ich laufe durch die Straßen und blicke dabei auf den Boden. Die Pflastersteine sind schmutzig und nass und an einer Straßenecke liegen ein paar achtlos hingeworfene Getränkedosen.

Ich biege einmal ab und sehe eine Familie auf mich zukommen. Eine Mutter mit zwei kleinen Kindern und einem Hund. Sie lachen, auf ihren Gesichtern spiegeln sich Leichtigkeit, Glück und die Freude am Leben.

Ich merke, wie auch ich leise lächeln muss.

An der nächsten Straßenecke treffe ich einen Mann. Er ist schon ziemlich alt und geht am Stock. In der anderen Hand trägt er eine schwere Tüte. Ich habe Mitleid mit ihm und frage mich, ob er es wohl noch weit bis nach Hause hat, wo er seine Last endlich absetzen kann.

Als der Mann aus meinem Sichtfeld verschwunden ist, taucht ein Ehepaar auf. Sie sind nicht besonders gut gekleidet, ihre Jacken sind zerschlissen und die Hosen haben Löcher. Erst jetzt merke ich, wie kalt es eigentlich ist.

Aus der Bäckerei dringt der Geruch von selbstgebackenem Brot, der mich sofort hungrig macht.

Ich spüre, wie ich anfange zu frösteln und laufe unwillkürlich schneller, um wieder ins Warme zu kommen.

Auf meinem Weg begegnen mir noch viele Menschen, alle verschieden im Aussehen und Charakter und mit unterschiedlichen Geschichten.

Was dem Mann im Anzug wohl gerade durch den Kopf geht? Oder an was die alte Frau auf der Parkbank jetzt denkt? An was erinnert sich dieser junge Mann, der auf einmal in seiner Bewegung verharrt ist? Und ist die junge Frau, die gerade telefoniert, wirklich so glücklich, wie sie aussieht?

Ich nehme die letzten Stufen und bin wieder im Warmen. In einem Haus. Abgeschirmt von der Außenwelt.

Und an die Menschen da draußen bleibt bloß eine vage Erinnerung. Wenn überhaupt.

 

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